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Erfahrungsberichte

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Meine Geschichte

Mein Mann und ich haben lange versucht ein Kind zu bekommen, nachdem ich erst relativ spät einen Kinderwunsch hatte. Es wollte dann einfach nicht klappen. Meine Gynäkologin hat uns versucht den Druck zu nehmen, aber nach 1,5 Jahren (da war ich dann fast 38), hat sie eine Laparoskopie vorgeschlagen; u.a. weil sie schon länger eine Zyste an meinem rechten Eierstock beobachtet hat, die zunehmend größer wurde. Bei dem Eingriff wurde Endometriose festgestellt und einige Herde entfernt. Nach dieser Diagnose hatte ich die Hoffnung auf eine Schwangerschaft aufgegeben. Kurze Zeit später wurde ich dann aber doch endlich schwanger.


Die Schwangerschaft verlief ohne Komplikationen, mit den üblichen Beschwerden gegen Ende der Schwangerschaft. Es wurde nie irgendeine Auffälligkeit festgestellt.


Nachdem ich 10 Tage über ET war, sind mein Mann und ich ins Krankenhaus, um die Geburt einzuleiten. Nach 48 Stunden, in denen ich alle 2 Minuten heftige Wehen hatte die trotz PDA kaum auszuhalten gewesen sind, ist endlich die Fruchtblase geplatzt und der Muttermund war bei 10cm. Da unsere Tochter aber so fest im Becken steckte, konnte sie ihren Kopf nicht drehen, sie steckte richtig fest. Daraufhin wurde uns die Option eines Kaiserschnittes aufgezeigt, oder es weiter vaginal zu versuchen. Wir haben uns dann allerdings für den KS entschieden. Ich weiß noch wie eine der Hebammen sagte, dass es für eine weitere Geburt gut ist, dass der Muttermund schon einmal ganz geöffnet war. Rückblickend ist dieser Satz wie ein Schlag ins Gesicht. Da es unserer Tochter gut ging und auch meine Werte i.O. gewesen sind, wurde der KS ohne Hektik vorgenommenen. Mein Mann konnte dabei sein, als ich unsere Tochter geboren habe. Danach ging es mir sehr gut. Wir kamen zurück in den Kreißsaal, ich konnte unsere Tochter auf den Arm nehmen und an die Brust anlegen. Ich habe auch noch mit meinen Elter telefoniert und eine Kleinigkeit gegessen.


Und dann ging es mir plötzlich von einer Sekunde auf die andere sehr schlecht. Mir wurde im Liegen schwindelig, ich habe nichts mehr gesehen und ein lautes Ohrensausen bekommen. Mein Mann hielt gerade unsere Tochter auf dem Arm und konnte gar nicht einordnen, was gerade passiert. Es war noch ein anderes Paar im Zimmer, abgetrennt durch einen Sichtschutz. Der andere Mann hat die Situation mitbekommen und Hilfe geholt.

Ich wurde zunächst stabilisiert und engmaschig beobachtet. Es floss aber immer mehr Blut aus mir heraus und die Gebärmutter zog sich nicht richtig zurück. Bei einem Versuch mich zu mobilisieren, ist mein Kreislauf wieder komplett zusammengebrochen und ab da ist für mich der Rest wie im Nebel. Ich habe aber noch in Erinnerung, dass auf einmal viele Menschen im Raum gewesen sind, ein Ultraschall gemacht wurde und eine Ärztin etwas von Blut im Bauch sagte. Ich wollte mich einfach nur ausruhen, aber irgendjemand sagte immer wieder zu mir, dass ich die Augen auf lassen solle. Das war wohl ein weiterer Arzt und für meinen Mann war in der Situation klar, dass es um mein Leben geht. Ich wurde aus dem Zimmer gebracht und über einen langen Flur geschoben. Ich kann mich noch an die Schmerzen erinnern, als ich durch die OP Schleuse gehoben wurde.

Ich meine, dass ich dem Narkosearzt noch gesagt habe, dass ich Vollnarkosen nicht gut vertrage. Das war mir sehr wichtig, weil mir im Vorgespräch zur Entbindung gesagt wurde, dass ich das auf jeden Fall sagen soll, sollte es zu einer Situation kommen in der eine Vollnarkose nötig wird.


"Auf einmal" wurde ich in einem Raum wach, ohne meinen Mann und meine Tochter. Ich war total im Nebel und eine Ärztin sagte etwas von Verbluten und Entfernung der Gebärmutter. Ich bin sofort wieder eingeschlafen und dachte, ich hätte das nur geträumt.

Mein Mann kam dann nochmal zu mir mit unserer Tochter und saß am Bett, als ich wieder wach wurde. Ich sagte ihm was ich geträumt habe und er meinte dann, dass ich mich erstmal ausruhen soll und wir darüber sprechen, wenn ich bei mir bin. Ich war nämlich noch total benommen.

Ich habe erst realisiert, dass es kein Traum war, als ich in der Nacht immer wieder Bluttransfusionen bekommen habe. Am nächsten Morgen bei der Visite stand mir ein ganzes Ärzzeteam gegenüber und hat mir die Situation erklärt. Mein Mann war in dem Moment noch nicht bei mir, da er nicht informiert wurde das nun Visite ist. Darum hatte er eigentlich gebeten. Ich bin komplett zusammengebrochen und konnte das alles gar nicht einordnen. Mir wurde gesagt, dass ich über 4 Liter Blut verloren habe und sie, um mein Leben zu retten, meine Gebärmutter und den rechten Eierstock entfernen mussten.

Ich war dann noch einige Tage auf der Intensivstation und eine Nacht im Kreißsaal, bevor ich auf Station zu meiner Tochter und meinem Mann konnte. Auch wenn sie viel bei mir sein konnten, war es vor allem Abends und Nachts kaum auszuhalten, nicht bei meinem Kind sein zu können. Ich konnte sie auch erst nach 3 Tagen wieder im Arm halten, weil vorher zu viele Kabel an mir und aus mir heraus hingen.

5 Tage nach der Geburt, an einem Freitag, wurde uns gesagt das wir am Montag nach Hause könnten. Ich habe dann über das Wochenende aber hohes Fieber bekommen und mein linkes Bein war plötzlich gelähmt. Meine Entzündungswerte waren extrem hoch und ich stand kurz vor einer Sepsis. Im MRT wurde dann festgestellt, dass ich mehrere entzündliche Verhalte im kleinen Becken hatte. Daher auch die Lähmung im Bein. Ich musste dann noch eine weitere Woche im Krankenhaus bleiben, da ich mehrere Antibiotika über den Tropf bekommen musste. Das Pflege- und Ärzteteam hat dafür gesorgt, dass meine Tochter und mein Mann Stationär mit aufgenommen wurde und wir zu dritt in einem Familienzimmer sein konnten. Darüber bin in bis heute sehr froh und dankbar. Als meine Entzündungswerte endlich in einem vertretbaren Maß gewesen sind, konnten wir endlich nach Hause.

Es hat noch mehrere Wochen gebraucht, bis die Lähmung ganz verschwunden war und ich wieder richtig gehen konnte. Körperlich hatte ich durch die wenige Bewegung stark abgebaut und der Weg zurück ins Leben war sehr aanstrengend. Ich hatte eine wunderbare Hebamme, die unser Fels in der Brandung gewesen ist; auch noch Monate danach.



Bis heute begreife ich nicht wirklich, was da passiert ist und habe viele Fragen dazu.

Bei der Untersuchung meiner Gebärmutter wurde festgestellt, dass die Plazenta an einer Stelle eingewachsen war.

Zudem könnte auch die Endometriose eine Rolle gespielt haben. Außerdem habe ich unter der Geburt ein Hämatom im rechten Becken erlitten. Mir wurde vieles erklärt in den 2 Wochen, in denen ich im Krankenhaus gewesen bin. Aber ich konnte all diese Informationen überhaupt nicht verarbeiten. Für ein Nachgespräch finde ich aber noch nicht die Kraft, auch wenn bereits fast 15 Monate vergangen sind. Vllt. irgendwann, denn wenn mich Menschen in meinem Umfeld fragen, was die Ursache dafür gewesen ist, kann ich keine Antwort geben, weil ich mich das bis heute selber frage.


Ich hatte eine wunderschöne Schwangerschaft und habe eine gesunde Tochter zur Welt gebracht, die uns jeden Tag aufs Neue durch ihre neugierige, agile und fröhliche Art verzaubert. Dafür bin ich unendlich dankbar.

Gleichzeitig ist da die Trauer darüber, dass ich keine weitere Schwangerschaft erleben kann und das Gefühl, dass ich etwas wichtiges verloren habe.


Ich habe lange gebraucht, um meine Geschichte aufzuschreiben damit ich sie mit euch teilen kann. Ich merke, dass mir das Aufschreiben hilft, aber auch viel Kraft kostet. Ich habe immer wieder neu angefangen zu schreiben, habe umgeschrieben, weil immer wieder neue Dinge hoch kamen und sich alles, auch jetzt noch, unvollständig anfühlt. Vermutlich, weil ich noch viele offene Fragen habe.


Ich bin sehr froh dieses Netzwerk gefunden zu haben, in dem ich mich mit euch austauschen und meine Geschichte teilen kann. Denn im "normalen" Leben merke ich, dass es viele vermeiden mich darauf anzusprechen und ich selber nicht sicher bin, wie ich anderen davon erzählen kann.

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