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Erfahrungsberichte

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Uterus Atonie

Ich bin Mama einer 6 Monate alten Tochter. Ich hatte eine unkomplizierte Schwangerschaft und freute mich auf die Geburt und darauf meine Tochter kennenzulernen. Ich war zwei Tage über dem ET als die ersten Wehen losgingen. Ich hatte noch einen Kontrolltermin bei meiner Gyn, aber es war alles noch entspannt. Sie machte eine Einleitung durch Eipollösung und so fuhr ich wieder nach Hause. In der Nacht verstärkten sich die Wehren, aber sie waren noch sehr unregelmäßig. Am nächsten Tag war es wieder ruhiger und abends gingen die Wehen erneut los und wurden immer stärker und sie kamen in kürzeren Abständen. Wir fuhren in der Nacht ins Krankenhaus, aber wir wurden nochmal nach Hause geschickt, da der Muttermund noch verschlossen war. Den ganzen Tag hatte ich Wehen und wir fuhren in der nächsten Nacht wieder ins Krankenhaus, da der Abstand immer kürzer wurde und ich mich zu Hause nicht mehr wohl gefühlt habe. Dort angekommen wurde wieder ein CTG geschrieben und wir wurden dort behalten. Ich bekam ein starkes Schmerzmittel und wir zogen in unser Familienzimmer. Das Schmerzmittel wirkte und ich konnte endlich etwas schlafen und Kräfte sammeln. Morgens ging es für uns dann in den Kreißsaal. Ich kann mich gar nicht mehr so richtig an den Tag erinnern. Mittags bekam ich die PDA, da die Wehen sehr stark wurden. Ich versuchte mich zu entspannen und nickte zwischen den Wehen immer wieder ein. Mein Mann war für mich da und seine Anwesenheit gab mit viel Kraft. Die Geburt ging nur langsam voran und bei jeder Wehe schmerzte mein Becken rechts. Abends fielen dann bei jeder Wehe die Herztöne unserer Tochter und ich wurde nochmal genauer untersucht: Geburtsstillstand. Es hat sich in den letzten Stunden zu wenig getan und meine Tochter war eine Sternguckerin. Sie passte so leider nicht durch den Geburtskanal. Die Gynäkologin riet uns zum Kaiserschnitt. Das war so zwar nicht geplant, aber für uns in Ordnung. Ich freute mich einfach nur darauf, endlich unsere Tochter kennenzulernen. So wurde ich vorbereitet und es ging in den OP. Dort war ein super Team an unserer Seite. Um 21:41 Uhr ist dann unsere Tochter geboren worden und nachdem ich zugenäht wurde, ging es ab zum ersten Kennenlernen in den Kreißsaal zurück. Meine Tochter wurde mir auf den Oberkörper gelegt, aber ich komnte den Moment gar nicht richtig genießen. Mir wurde schwindelig und ich schob es auf Kreislaufprobleme wegen des Schlafmangels. Mein Mann ging in den Kiosk und holte mir eine Cola. Als er zurück kam, ging es plötzlich ganz schnell. Mir wurde schwarz vor Augen. Mein Mann nahm mir unsere Tochter ab. Die Hebamme entdeckte, dass ich sehr stark blutete. Auf einmal standen ganz viele Menschen um mich herum. Es wurde auf meinen Bauch gedrückt. Sie versuchten durch eine Massage, die Blutung zu stillen. Ich hatte sehr starke Schmerzen und musste mich mehrfach übergeben. Ich sah meinen Mann mit unserer Tochter auf dem Sofa sitzen. Er war so verzweifelt . Mir wurde immer wieder komisch und ich gab irgendwann nach und schloss meine Augen. Da versuchte mich ein Arzt wieder zu wecken und mich zu beruhigen. Im OP machten sie bereits die Narbe auf bevor die Narkose wirkte. Ich hatte Schmerzen und schlief dann endlich ein...


Dann wurde ich irgendwann wieder wach. Fremde Umgebung und vertraute Menschen. Mein Mann und meine Schwester waren da und beide weinten ganz fürchterlich. Sie erzählten mir grob, was passiert ist. Nach der Geburt kam es zu einer Uterus Atonie. Meine Gebärmutter zog sich nicht zusammen und daher habe ich insgesamt mindestens 4 l Blut verloren. Ich habe 12 EKs erhalten. Ich war noch ziemlich beduselt wegen der ganzen Medikamente und scherzte, dass das doch alles gar nicht schlimm sei. Bei der nächsten Geburt wird uns das nicht nochmal passieren. Da fing mein Mann an zu weinen und sagte, dass es keine weitere Geburt geben wird, da mir meine Gebärmutter entfernt werden musste. Auch das habe ich ziemlich entspannt aufgenommen und gesagt, dass wir ja Kinder adoptieren können. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Irgendwann wurde ich wieder wach. Mein Mann kam mich mit unserer Tochter besuchen. Ich kann mich leider nicht mehr daran erinnern, wie es sich für mich anfühlte meine Tochter in den Armen zu halten. Auch die Gynäkologin besuchte mich und klärte mich auf. Sie weinte und erklärte mir, dass sie so etwas noch nie erleben musste.


Abends schlug eine Pflegerin vor, dass sie noch ein weiteres Bett in mein Zimmer stellen könnten (ich hatte das Glück, dass ich alleine im Zimmer lag), damit mein Mann bei mir schlafen kann. Mein Mann war erleichtert. Meine Tochter schlief mit meiner Schwiegermutter in unserem Familienzimmer und mein Mann verbrachte die Nächte bei mir. Von Tag zu Tag realisierte ich alles immer mehr und war sehr traurig. Ich freute mich aber gleichzeitig auch jedes Mal, wenn mein Mann unsere Tochter morgens holte und ich sie halten durfte. Ich wollte schnell wieder fit werden für meinen Mann und unsere Tochter. Ich versuchte mich in traurigen Momenten an schöne Dinge zu erinnern. Wir hatten mit unsere Ärzten und dem Pflegepersonal unfassbar viel Glück. Sie haben sich toll gekümmert. Ich freute mich schon darauf in unser Familienzimmer zu kommen. Allerdings kam es zu Verzögerungen, da die Wunde plötzlich stark nach blutete. Das warf mich zurück. Aber dann am 5. Tag konnte ich von der Intensivstation entlassen werden. Ich war so stolz, als ich mit unserer Tochter auf die Gynäkologie in unser Familienzimmer geschoben wurde. Dort kam mich auch die Anästhesistin besuchen und auch die Gynäkologin besuchte mich nochmal. Ihre Besuche halfen mir, da beiden die Entscheidung unfassbar schwer fiel. Beide waren am weinen. Ich wusste, dass sie ihr bestes gegeben haben, aber leider keine andere Wahl hatten, um mein Leben zu retten. Nach weiteren 5 Tagen in unserem Familienzimmer wurde ich schneller entlassen als erwartet. Mein Körper hat alles relativ gut weggesteckt. Zu Hause nahm ich Kontakt zu meiner Gynäkologin auf. Sie rief mich nach ihrem Feierabend an und war schockiert. Wir vereinbarten kurzfristig einen Termin für den nächsten Tag. Sie hat sich sehr viel Zeit genommen, um mit mir zu reden. Ich hatte wirklich großes Glück, dass ich so tolle Ärzte hatte, die sich viel Zeit für mich genommen haben. Das Reden hat mir sehr geholfen.


Nun ja... Mittlerweile sind schon mehr als 6 Monate vergangen. Ich habe sehr viele gute Tage und manchmal gibt es schlechte Tage. Da bin ich einfach traurig. Manchmal bin ich eher traurig, weil ich kein zweites Kind bekommen kann, aber manchmal macht es mich auch traurig, dass uns das passiert ist und dass meine Liebsten solche Sorgen hatten. Ich kann mich noch ganz genau an ihre traurigen Gesichter erinnern. Mein Mann war in der ganzen Nacht nicht in der Lage, jemanden anzurufen. Er war ganz allein mit unser Tochter und mit der Angst um mich. Ich bin so dankbar, ihn an meiner Seite zu haben.


Unsere Familie ist zwar kleiner als ursprünglich geplant, aber ich bin so glücklich, dass zumindest wir drei uns haben.

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geburthyst
geburthyst
May 11, 2024

Liebe Charlene Danke, dass du Deine Erfahrungen und persönliche Geschichte mit uns teilst. Eine Ausnahmesituation, wie sie niemand erleben möchte und doch ist es passiert und nun Teil deiner Lebensgeschichte. Ich kenne die sich abwechselnden Gefühle von Dankbarkeit und Traurigkeit nur zu gut. Hast du für deine physische und psychische Genesung externe Hilfe in Anspruch genommen oder möchtest du dies oder kannst bereits etwas empfehlen? Haben dir die Ärzte nach Austritt noch Informationen zu Implikation/ möglichen Langzeitfolgen einer Hysterektomie auf den Weg gegeben? Natürlich musst du auf die Fragen nicht antworten. Herzliche Grüsse

Pascale

© 2025 Verein Geburt mit Hysterektomie

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